Alles zur Blankoverordnung Physiotherapie!
Die Blankoverordnung in der Physiotherapie
Die Blankoverordnung in der Physiotherapie gibt den Therapeuten mehr Entscheidungsfreiheit bei der Behandlung ihrer Patienten. Konkret erlaubt die Blankoverordnung es Physiotherapeuten, den Behandlungsumfang und die Dauer der Therapie selbstständig festzulegen, ohne dass der Arzt im Detail vorschreibt, welche spezifischen Maßnahmen angewendet werden müssen. Das Ziel dieser Regelung ist, die Behandlungsqualität zu verbessern, den Therapieprozess zu flexibilisieren und die Effizienz des Gesundheitssystems zu steigern. Wir beantworten Ihnen hier die wichtigsten Fragen zu dem Thema. Gleichzeitig bietet die Einführung der Blankoverordnung eine gute Gelegenheit, den Ärzten in Ihrer Umgebung ihre Praxis in Erinnerung zu rufen.
Fragen und Antworten zur Blankoverordnung
Wann kommt die Blankoverordnung für die Physiotherapie?
Wie der VPT nun bekannt gab, haben sich die vier Physiotherapieverbände (VPT, IFK, ZVK, VDB) bereits am 2. August 2024 mit dem GKV-Spitzenverband in den Verhandlungen zum Vertrag nach § 125a SGB V über die Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung – also dem Vertrag zur Blankoverordnung für die Physiotherapie – auf alle wesentlichen Punkte geeinigt. Damit ist der Weg frei für den Start der Blankoverordnung in der Regelversorgung, der für den 1. November 2024 angesetzt ist.
Damit ist die Physiotherapie nach der Ergotherapie die zweite Berufsgruppe der Heilmittelerbringenden mit Blankoverordnung. In der Ergotherapie gibt es die Möglichkeit der Blankoverordnung bereits seit April 2024.
Für welche Diagnosen und Diagnosegruppen gilt die Blankoverordnung in der Physiotherapie?
Die Blankoverordnung gilt nicht für alle Indikationen in der Physiotherapie. Mit Start November 2024 können Arztpraxen zunächst nur für 114 Diagnosen rund um die physiotherapeutische Versorgung der Schulter eine Blankoverordnung ausstellen. Physiotherapeut:innen können dabei wählen, welches der unter der Diagnosegruppe EX gelisteten Heilmittel sie abgeben. Auch die Kombination verschiedener Heilmittel ist möglich und kann am selben Behandlungstag abgegeben werden. Voraussichtlich werden Blankoverordnungen also einen Anteil von 8-10 Prozent an allen physiotherapeutischen Verordnungen haben.
Die entsprechenden Diagnosen (ICD-10 Codes) verteilen sich auf zwei Gruppen:
• Arthrosen, Weichteilläsionen, Knorpelschäden (z.B. M19.01 Primäre Arthrose Schulterregion, rechts)
• Frakturen, die konservativ und operativ versorgt werden (z.B. S42.0 Fraktur der Klavikula, links)
Wie wird die Blankoverordnung Physiotherapie vergütet?
Grundsätzlich gilt: Die im Rahmen der Blankoverordnung erbrachten physiotherapeutischen Maßnahmen werden in gleicher Höhe wie in der „normalen“ physiotherapeutischen Versorgung nach § 125 Absatz 1 SGB V vergütet; es gelten also die Preise aus der aktuellen Physiotherapie-Preisliste – allerdings mit eigenen Positionsnummern. Eine Übersicht finden Sie im Rahmenvertrag zur Blankoverordnung. Gibt es Preiserhöhungen oder Vergütungsanpassungen, werden auch die Preise für die Blankoverordnung automatisch angepasst. Zusätzlich werden für die Blankoverordnung Physiotherapie drei neue Leistungspositionen eingeführt:
1. Physiotherapeutische Diagnostik (PD), Positionsnummer 20522
Vor Beginn jeder Blankoverordnungs-Therapie wird eine physiotherapeutische Diagnostik durchgeführt und abgerechnet. Im Rahmen dieser Diagnostik werden die Therapieziele definiert und ein individueller Therapieplan erstellt. Diese neue Position „Physiotherapeutische Diagnostik“ wird mit 34,34 Euro vergütet.
2. Bedarfsdiagnostik (BD), Positionsnummer 20523
Im Verlauf der Therapie ist es möglich, je Verordnung eine sogenannte „Bedarfsdiagnostik“ vorzunehmen. Die neue Position wird mit 25,76 Euro vergütet.
3. Mehraufwandspauschale, Positionsnummer 20524
Um Ihren zusätzlichen Aufwand im Rahmen der Umsetzung der Blankoverordnung auszugleichen, zum Beispiel durch Aufwände bei der Organisation des Versorgungsablaufs oder der Sicherstellung der Versorgungsqualität, wurde im Vertrag die neue Position „Mehraufwandspauschale“ vereinbart. Diese wird mit 55 Euro vergütet und kann einmalig je Blankoverordnung abgerechnet werden.
Wie wird die Blankoverordnung verordnet?
Für die Blankoverordnung wird kein neues Verordnungsformular eingeführt. Stattdessen trägt der Arzt oder die Ärztin auf der bestehenden Heilmittelverordnung Muster 13 den Text „BLANKOVERORDNUNG“ in das Feld „Heilmittel nach Maßgabe des Kataloges“ ein. Die Felder „Behandlungseinheiten“ und „Therapiefrequenz“ bleiben frei. Ausgestellt wird die Blankoverordnung also weiterhin von der Arztpraxis, ebenso ob ein Hausbesuch stattfinden soll.
Gut zu wissen: Blankoverordnungen belasten dabei das Heilmittelbudget der Arztpraxen nicht.
Ist die Blankoverordnung für Schultertherapie dann Pflicht?
Die Blankoverordnung ist ab dem 1. November 2024 bei Erkrankungen im Bereich des Schultergelenks die Regel. Bei den vereinbarten Diagnosen muss der Arzt grundsätzlich eine Blankverordnung ausstellen. Sie wird also für alle Schulter-Diagnosen Pflicht sein, Arztpraxen dürfen nur in medizinisch begründeten Ausnahmen davon abweichen und eine „normale“ Verordnung ausstellen.
Was unterscheidet eine Blankoverordnung von einer „normalen“ Verordnung?
Zunächst einmal gilt: der Vertrag zur Blankoverordnung ist eine Ergänzung zum bestehenden Rahmenvertrag in der Physiotherapie. Das bedeutet, dass hier erst einmal alle Regeln des Rahmenvertrags greifen – es sei denn, es wurde im Vertrag zur Blankoverordnung eine andere Regelung vereinbart. Mit Blick auf die Verordnung liegt der große Unterschied zum einen darin, dass Physiotherapeut:innen bei der Blankoverordnung (im Gegensatz zur herkömmlichen Verordnung) selbst über die Auswahl aus den verordnungsfähigen Heilmitteln, die Behandlungsfrequenz, die Kombination verschiedener Heilmittel, die Therapiedauer und die Anzahl der Behandlungseinheiten pro Blankoverordnung entscheiden.
Diese Freiheiten führen zum zweiten großen Unterschied: Da bei der Blankoverordnung Physiotherapie die Anzahl der Behandlungseinheiten nicht vorgegeben ist, es aber das sogenannte „Gebot der Wirtschaftlichkeit“ gibt, wurde im Vertrag ein Ampelsystem festgelegt:
Ampel für Weichteilläsionen, Arthrosen & Knorpelschäden
Ampel grün | Ampel rot | |
Vorrangige Heilmittel | Bis zu 18 Behandlungseinheiten | Ab 19 Behandlungseinheiten |
Ergänzende Heilmittel | Bis zu 6 Behandlungseinheiten | Ab 7 Behandlungseinheiten |
Ampel für Frakturen
Ampel grün | Ampel rot | |
Vorrangige Heilmittel | Bis zu 26 Behandlungseinheiten | Ab 27 Behandlungseinheiten |
Ergänzende Heilmittel | Bis zu 8 Behandlungseinheiten | Ab 9 Behandlungseinheiten |
Es gilt jeweils ein Preisabschlag von 9 Prozent für die Behandlungseinheiten, die außerhalb der
grünen Phase erbracht werden.
Wichtig: Alle Behandlungen von Diagnosen, die zu BVB oder LHB gezählt werden können, unterliegen nicht dem Ampelsystem.
Beispiel für grüne Ampel: 9 Behandlungstermine mit KG & MT, davon 6 Termine auch mit Fango. Physiotherapeut:innen sollten also die Anzahl der Behandlungseinheiten im Blick behalten, um die roten Ampelphasen und damit den pauschalen Preisabschlag von 9 % zu vermeiden.
Was gilt in der Abrechnung der Blankoverordnung Physiotherapie?
Eine Blankoverordnung gilt 16 Wochen ab Ausstellungsdatum und muss somit innerhalb dieses Zeitraums abgeschlossen werden. Unterbrechungen von mehr als 14 Tagen haben keine Auswirkung auf die Gültigkeit der Blankoverordnung – sofern das Erreichen des Therapiezieles dadurch nicht gefährdet ist.
Im Unterschied zur regulären Verordnung dürfen zwei vorrangige Heilmittel (z.B. KG und MT) am selben Tag erbracht werden. Die Physiotherapeutische Diagnostik und die Bedarfsdiagnostik brauchen kein eigenes Datum, sondern dürfen auch im Rahmen eines Termins stattfinden. Sie müssen aber trotzdem quittiert werden.
Ist auf der Blankoverordnung ein Therapiebericht angekreuzt, so müssen Sie nach Abschluss der Blankoverordnung einen kurzen Bericht an die Arztpraxis versenden, der folgende Angaben enthält:
• Geplantes Therapieziel, Erreichung des Therapieziels
• Angewendete Heilmittel und Anzahl der Therapieeinheiten
• Dauer der Therapie (in Wochen)
• Weiterführende Hinweise (z. B. Compliance)
Verordnungen dürfen erst nach Ablauf der 16 Wochen abgerechnet werden. Eine Zwischenabrechnung ist nicht möglich. Sollte eine Behandlung abgebrochen werden, muss das Abbruchdatum eingetragen sein. Im Vertrag zur Blankoverordnung ist allerdings auch das Szenario des „Wiederauflebens“ einer Blankoverordnung vorgesehen. Dies lässt sich am besten mit einem Beispiel erklären: Ein Patient mit Blankoverordnung wird von Ihnen über einen Zeitraum von 5 Wochen mit 15 Terminen behandelt und ist danach beschwerdefrei, sodass Sie die Verordnung abrechnen. Zwei Wochen später hilft der Patient bei einem Umzug und wendet sich anschließend erneut mit der gleichen Problematik an Sie. Rechtlich betrachtet sind Sie verpflichtet, die Verordnung weiterzuführen, auch wenn sie bereits abgerechnet wurde. Für diesen Fall sieht der Vertrag ein Korrekturformular vor.
Geht Ihnen der Platz auf der Rückseite der Verordnung aus, dürfen Sie ein Zusatzblatt für die Quittierung der Maßnahmen verwenden. Die Verordnungsblätter sollten dabei nummeriert sein, da die Zusatzblätter keine Angaben zur Verordnungsmenge enthalten.
Übersicht Ablauf der Blankoverordnung

Vertrag zu § 125a SGB V über die Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung der Physiotherapie, sowie Anhänge und Anlagen zum Download.
Der GKV-Spitzenverband schließt gemäß § 125a Abs. 1 SGB V mit bindender Wirkung für die Krankenkassen mit den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer für den Bereich Physiotherapie auf Bundesebene einen Vertrag über die Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung (sog. Blankoverordnung).